für meinen facebook-freund Liana Helas und als dank für die unglaublichen schreibkünste von DGS (TaP) hatte ich folgendes gedicht geshrieben:
politische unterschiede
der sozialdemokrat, der noch an reformen im alten sinne glaubt, versucht den spatz in der hand festzuhalten; und manchmal zerdrückt er ihn auch beim versuch, etwas zu retten, worüber die geschichte schon hinweggeschritten ist.
der kommunist (und vlt auch der anarchist) ahnt die taube auf dem dach der geschichte schon vor seinem inneren auge und verliert manchmal den blick für die spatzen der gegenwart.
das ideal, beides miteinander zu verbinden, ist der gegenstand des streites um die ‚richtige linie‘, der erst endet, wenn es keine menschen mit fehlern, schwächen und mängeln mehr gibt; – also menschen, die keine individuen mehr sind.
als ich dann auch noch diesen artikel im schweizer „Tagesanzeiger“ fand:
„Denn unsere Defizite – die Emotionen, die unser Urteil trüben, Verfehlungen, Konflikte und Verbrechen generieren – lassen sich auch anders betrachten: als wimmelndes Leben, das wiederum Voraussetzung für Kunst ist. «Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet?», fragt Woyzeck, und Autoren wie Büchner versuchen eine Antwort. Hier ist McEwan bei seiner Tätigkeit angelangt, der Literatur. Wie in seinen Meisterwerken «Abbitte» und «Honig» faltet sich das Buch gewissermassen auf, macht den Schreib- und Lektürevorgang selbst zum Thema. Adam hat bemerkt: Die Literatur der Menschheit «beschreibt Varianten menschlichen Versagens: glänzende Darstellungen von Mord, Grausamkeit, Habgier, Dummheit, Selbsttäuschung und vor allem von tiefen Missverständnissen im Hinblick auf andere». In einer idealen Zukunft verkehren Mensch und Maschine direkt, von Gehirn zu Gehirn, frei von Missverständnissen. Diese Vernetzung der Köpfe wird Literatur überflüssig machen. Übrig bleibt der Haiku, der in drei schlichten Zeilen sagt, was ist. Solche Haikus produziert Adam am Fliessband, 2000 Stück, und der Autor zitiert gnädigerweise nur ein paar davon.
Romane, lässt McEwan ironischerweise seinen Nichtleser Charlie sagen, Romane werden Roboter nie schreiben können. Ein schwacher Trost in einer heillosen Welt? Nun: Ein so komplexes, ambivalentes, dabei geradezu süffig zu lesendes Buch wie dieses hätte tatsächlich keine aktuelle künstliche Intelligenz schreiben können. Muss man hinzufügen: noch nicht?“
entspann sich noch ein kleiner dialog:
Liana Helas: Denn wie auf dem tobenden Meere, das, nach allen Seiten unbegrenzt, heulend Wasserberge erhebt und senkt, auf einem Kahn ein Schiffer sitzt, dem schwachen Fahrzeug vertrauend; so sitzt mitten in einer Welt voller Qualen ruhig der einzelne Mensch, gestützt und vertrauend auf das principium individuationis oder die Weise, wie das Individuum die Dinge erkennt, als Erscheinung. [Arthur Schopenhauer, »Die Welt als Wille und Vorstellung« IV § 63]
Achim: spielt denn bei Schopenhauer die ‚objektive realität‘ gar keine rolle? es gab dinosaurier (wir haben fossilien), aber ein mensch hat sie nie gesehen (war also nie eine [subjektive] ‚erscheinung‘).
LH: Wie aber kann es sein, dass ich das Lecken des fleischfressenden Sauriers beinahe schon physisch wahrnehme?