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Drei Wahlen – Versuch einer Einschätzung

die SYRIZA darf ihr heil nicht in parlamentarischen kombinationen suchen. sie muss die Machtfrage auf den strassen und plätzen des landes stellen!

ich fühle mich in sachen internationale politik nicht wirklich kompetent. aber die wahlergebnisse aus griechenland und frankreich verlangen natürlich nach einer politischen einordnung. die wahlergebnisse aus schleswig-holstein haben natürlich eine geringere bedeutung, sie sind aber wichtig für die beurteilung der situation der bundesrepublikanischen LINKEn.

griechenland am scheideweg

der erfolg des wahlbündnisses SYRIZA mit fast 17% ist natürlich ein unüberhörbarer paukenschlag. ein relevanter teil der griechischen Massen ist bereit, alle konsequenzen auf sich zu nehmen, um die Troika diktatur über das griechische volk zu beenden. zu diesen 17% dürfte sich noch ein bedeutendes „sympathisanten-umfeld“ dazugesellen. das heisst, die EU bürokratie hat einen deutlichen warnschuss erhalten, dass, wenn sie ihre politik der auspressung weiter fortsetzt, in griechenland die Machtfrage offen auf der strasse liegt.

zwar versucht SYRIZA im moment noch eine „parlamentarische kombination“ hinzubekommen, aber jeder weiss, dass dies nur scheitern kann. wenn SYRIZA nicht jede glaubwürdigkeit verspielen will, muss sie weiter den kampf gegen die Troika auf der strasse führen und DORT ihre verbündeten in den breiten Massen finden. die griechische tragödie wird nicht im parlament entschieden, sondern nur im aktiven kampf breitester bevölkerungsteile im betrieb, im stadtviertel, an der uni oder in den schulen. DORT ist das potential, die prokapitalistischen parteien und regierungen zu entmachten und eine regierung der arbeiterInnen, prekären und der jugend zu errichten, die sich auf eigene strukturen der selbstermächtigung von unten stützt.

frankreich: für die bildung einer revolutionären linken gegen die „neue volksfront“ !

der sieg des sozialisten Hollande gegen Sarkozy ist keine „linksverschiebung“. er ist ausdruck der illusion, man könne den kapitalismus noch mal reformerisch retten. aber diese reformen werden de facto neuauflagen von sparpaketen und allgemeiner austeritätspolitik sein, denn auch ein „sozialistischer ministerpräsident“ ist den „sachzwängen des kapitals“ unterworfen, wenn er nicht auf den BRUCH mit der kapitallogik orientiert. dass sein erstes vorhaben ein antrittsbesuch bei Merkel sein wird ist symbolhaft dafür, dass Hollande die kontinuität zu Sarkozy nicht überwinden will und wird.

die linke kann diesen „reformistischen illusionen“ nur dann etwas entgegensetzen, wenn sie nicht die linke flankendeckung der „sozialisten“ sind (und damit teil der „volksfront“), sondern den vollständigen bruch mit ihr fordern und praktizieren. die linksfront von Melenchon ist dafür ungeeigent, denn diese fungiert als steigbügerhalter der sozialistischen partei. auch die NPA ist schwankend in dieser frage. ein teil sympathisiert offen mit Melenchon (http://www.sozonline.de/2012/04/eine-breite-antikapitalistische-partei-wird-auserhalb-der-npa-entstehen/), ein anderer teil versucht noch an einem eigenständigen profil der NPA festzuhalten. dies kann aber nur gelingen, wenn sich die NPA auf ein vollständiges revolutionäres programm verpflichtet. und das heisst konkret, sie darf das trotzkistische „sturm- und handgepäck“ nicht über bord werfen. sonst wird das schiff im sturm keine feste orientierung finden.

die krise der LINKEn wird weitere nahrung erhalten

die maritime metapher ist eine gute überleitung zum thema der wahlen in schleswig-holstein. man muss schon sagen, dass der dortige landesverband der LINKEn schon MEHR als einen „warnschuss“ (http://www.jungewelt.de/2012/05-08/055.php) erhalten hat. es war schon eine volle breitseite mit dem verlust von zwei dritteln ihrer wähler. obwohl ich die bedeutung dieser wahlen nicht überbewerten möchte, wird ihr ergebnis doch der schwelenden krise der LINKEn weitere nahrung geben. es besteht insgesamt die gefahr, dass die gesamte westausdehnung der PDL zur disposition steht. im osten kann sich die PDL vlt als zweite sozialdemokratische partei halten, weil sie eine gewisse Massenverankerung besitzt. im westen ist eine zweite sozialdemokratische partei überflüssig wie ein kropf und ist langfristig zum scheitern verurteilt.

auch die Grünen begannen mal als „linkes projekt“ und sind vollkommen im system angekommen und haben sich als veritable müsli-FDP etabliert. zusätzliche konkurrenz bekommt die PDL durch die PIRATEN. diese sind zwar in keinster weise als irgendwie „links“ einzuschätzen, aber sie symbolisieren eine „neue politische kultur“. dies ist natürlich angesichts der verstaubten, bürokratischen parteistrukturen der LINKEn besonders attraktiv und übt einen gehörigen druck auf die PDL aus.

ob der versuch der „parteilinken“ (AKL, SAV, isl), „sozialistische programmelemente“ innerhalb der LINKEn stärker zu verankern sinn macht, sei dahingestellt. ich denke, dass sich die LINKE bewusst auf ein parlamentarisches und reformistisches programm beschränkt. von daher halte ich einen programmatischen und organisatorischen bruch mit der PDL für dringend erforderlich. der eigentliche test wird aber in der praxis stattfinden. wenn es auch in deutschland – angesichts einer verschärften krise – ebenfalls zu stärkeren sozialen kämpfen und bewegungen kommen wird, wird sich vlt ein teil der „entristisch“ orientierten linken LINKEn mit den genossInnen, die es jetzt eigenständig versuchen (http://www.nao-prozess.de/), zusammenfinden. das wäre dann auch kein verachtenswertes ergebnis. aber immer noch gilt die alte volksweisheit, inbesondere für die radikale linke in deutschland:

mühsam ernährt sich das eichhörnchen 😉

2 Kommentare zu “Drei Wahlen – Versuch einer Einschätzung

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