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Die Toten der Festung Europa

die tragödie von Lampedusa hat mal wieder ein schlaglicht auf die realitäten der welt geworfen, die sonst gerne im alltagsgeschäft ausgeblendet werden. in den nächsten tagen werden viele salbungsvolle worte über diese tragödie gesprochen werden. aber eins wird nicht (oder kaum*) gesagt werden: dass diese toten der preis dafür sind, dass der reichtum der reichen länder auf der armut und ausbeutung der armen länder beruht. und dass diese ungleichheit kein naturgesetz ist, sondern politisch gewollt ist.
mit dieser tatsache muss sich jede/r auf seine weise auseinandersetzen. wenn man schon selbst nichts an diesen zuständen ändern kann, dann bleibt eigentlich nur die möglichkeit, sich so gut wie möglich politisch zu informieren und daraus — vlt nur im ganz kleinen wirkungskreis — für sich eine handlungsperspektive zu entwickeln. dies scheint mir wichtig zu sein, um aus diesem entsetzlichen ohnmachtsgefühl und aus dieser lähmenden passivität herauszukommen.

die „boot ist voll“-mentalität und die angst um die eigene materielle existenz, die in der krisenhaften situation der gegenwart noch verschlimmert wird, sind die begleitmusik zur verschärfung des asylrechts und der abriegelung der grenzen vor den armutsflüchtlingen der „dritten welt“. aber nicht die abschottung vor den problemen der welt wird eine lösung bringen, sondern nur eine globale, internationale kooperation — und ich würde meinerseits hinzufügen: in klar antikapitalistischer perspektive!

ich weiss, es ist äusserst schwer so etwas auch umzusetzen, aber die ertrunkenen vor Lampedusa hatten sicher angehörige und freunde, die jetzt um sie trauern. und so, wie wir hier alles für unsere lieben tun würden, so sollte das elend und der tod in der welt zumindest einen sinn haben: uns an unsere eigene menschlichkeit zu erinnern, um daraus die kraft für veränderung(en) zu schöpfen.

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*) es gibt tatsächlich auch noch kritischen journalismus. man glaubt es kaum:

„Die Migranten zu kriminalisieren, bedeutet, das Leid von Zehntausenden mutwillig zu vergrößern. So, wie die EU agiert, muss man deutlich sagen: Die Dramen, die sich jeden Tag rund um das Mittelmeer abspielen, sind politisch gewollt.“ –http://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Die-Toten-von-Lampedusa-sind-gewollt-article11488011.html

Ein Kommentar zu “Die Toten der Festung Europa

  1. Georg Restle (Monitor), Kommentar vom 7. Okt. 2013:

    „Lampedusa: Die Beileidsheuchler

    Die Toten von Lampedusa: Dieses Mal waren sie uns ein paar Schlagzeilen wert – und für einen kurzen Moment sieht es so aus, als wolle Europa nicht achselzuckend zur Tagesordnung übergehen. Nur: Was ist von einer kollektiven Beileidsbekundung zu halten, die jede Schuld von sich weist und am Ende die Flüchtlinge selbst für ihr Elend verantwortlich macht?

    Seit Jahren schon nehmen Europas Regierungen die Toten im Mittelmeer billigend in Kauf, weil es ins Konzept eines abgeschotteten Kontinents passt. Ein Abschreckungsszenario, ausgeführt von einer Agentur namens Frontex, die offenen Auges geschehen lässt, dass Tausende in den Fluten des Mittelmeers verrecken. Vollzogen von einer Justiz, die einfachen Fischern hohe Strafen androht, wenn sie den Schiffbrüchigen zur Hilfe kommen. Es ist die große Perversion eines Europas, das denen die eiskalte Schulter zeigt, für deren Not es selbst mitverantwortlich ist. Ob Lebensmittelspekulationen oder Waffenhilfe für afrikanische Despoten: Für die europäischen Regierungen zählt Afrika vor allem als Rohstofflager; für die Menschen bleiben die Brosamen der Entwicklungshilfe – und die kalte See.

    Für Juristen gibt es eine feine Linie, die die Grenze zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz zieht: Wer einen Taterfolg für möglich hält und ihn billigend in Kauf nimmt, handelt vorsätzlich. Und wer den Tod Tausender aus niedrigen Beweggründen billigend in Kauf nimmt, obwohl er zum Schutz dieser Menschen verpflichtet ist, ist de jure ein Massenmörder. Er sollte für seine Taten zur Rechenschaft gezogen werden. Und von Beileidsbekundungen Abstand nehmen.“

    http://www.wdrblog.de/monitor/archives/2013/10/lampedusa_die_beileidsheuchler.html

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