die proteste gegen die Barbie austellung in Berlin erreichten eine gewisse mediale aufmerksamkeit.
worin besteht das politikum von Barbie?
grundsätzlich ist sie erst mal ein kinderspielzeug. aber da beginnt bereits das problem. tatsächlich ist die puppe ursprünglich als spielpuppe gedacht gewesen. im laufe der zeit hat sie sich aber immer mehr zu einem sammlerobjekt mit kultstatus entwickelt, so dass Matell das konzept in eine „modepuppe“ abänderte. teilweise werden auch sonderauflagen in kleiner stückzahl hergestellt, die dann enorme preise erzielen. (und natürlich nur von erwachsenen gekauft werden)
bei einem kinderspielzeug ist das wichtigste der emotionale bezug, den das kind entwicklelt. einen teddybär z B kann man liebhaben, weil er dem kindchen-schema entspricht und knopfaugen hat. diese instinkte funktionieren sogar bei erwachsenen (beschützer-instinkt). trotzdem würde kein kind auf die idee kommen, ein „bär“ werden zu wollen!
bei barbie dürfte hingegen der altersdurchschnitt schon deutlich höher liegen als bei einem teddybären. das liegt daran, dass bei Barbie der emotionale bezug weniger auf dem „liebhaben“ liegt, sondern mehr ein mode- und statusbewusstsein produziert werden soll. und dies erreicht naturgemäss schon etwas ältere kinder (vorzugsweise mädchen)
in dem roman „Momo“ (von Michael Ende) sagt Momo zu den grauen herren, die sie von den vorzügen ihrer industriellen serienpuppe (eine deutliche anspielung auf Barbie) überzeugen wollen, dass man sie nicht liebhaben könne. und zum ersatz fürs liebhaben, müssen tausende Accesoires nachgekauft werden, damit die leere zumindest für einen kurzen augenblick über“spielt“ (überkauft) werden kann.
schönheitsideale, statusbewusstsein und konsumpropaganda werden zwar mit der Barbie transportiert, dies ist aber keine direkte kausalität. die meisten kinder können sehr wohl zwischen schein und wirklichkeit unterscheiden.
ohne frage hat die Barbie in bezug auf das geschlechterverhältnis stark reaktionäre inhalte. auf der anderen seite ist die Barbie unverheiratet, unabhängig und finanziell arriviert. damit entspricht sie in teilen auch dem postmodernen frauenbild, wenn auch stark entpolitisiert.
inwieweit werbung selber kulturelle ausdrucksformen hervorbringt oder nur vorhandene stärkt, ist stark umstritten. grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass nur gekauft wird, wo auch ein wunsch oder ein bedürfnis vorhanden sind. die vorstellung einer totalen manipulation a la big brother (George Orwell, 1984), was das konsumverhalten betrifft, dürfte sich als mythos herausstellen.
und so wie man alkoholismus nicht bekämpft, in dem man spirituosen verbietet (sondern den selbst-verantwortlichen umgang damit erlernt), so wird das geschlechterverhältnis nicht gewandelt, in dem man bestimmte ausdrucksformen gutheisst und andere missbilligt. das ist der grundsätzliche methodische fehler des postmodernen links/femi-moralismus.
emanzipation bedeutet keine neue norm der geschlechterdefinition (was auf eine tugenddiktatur hinausläuft. im NAO prozess sah man das anhand der genderdebatte!), sondern die freiheit des (geschlechter)ausdrucks und aller leidenschaften.
der reaktionäre inhalt von Barbie muss zwar offengelegt und kritisiert werden, der fortschritt kann aber nicht dekretiert werden, sondern muss von einer hegemonieausübenden Masse erkannt und in praxis umgesetzt werden.
etwas mehr intellektuelle abgeklärtheit und coolness und weniger moralistische aufgeregtheit stände der „linken und feministischen“ politik gut zu gesicht, angesichts ihres maßlosen niedergangs!
über den zusammenhang von werbung und körperwahrnehmung siehe auch:
http://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/uniaktuell/entry/deutsche_jugendliche_finden_sich_zu