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Corona und die (Sinn)krise

je länger die pandemie andauert, umso mehr werden gesellschaftliche Kollateralschäden sichtbar werden. es stimmt zwar, dass gesundheit und Leben die höchsten güter sind, aber leben muss auch ausgefüllt werden und der mensch lebt nicht vom brot allein. soziale kontakte und menschliche interaktionen können nicht virtuell ersetzt werden; jedenfalls nicht über einen längeren zeitraum, ohne dass dies (psychische) folgewirkungen hat. schon jetzt ist nicht absehbar, welche langzeitfolgen die coronakrise auf die gesellschaftliche entwicklung haben wird.

macht es wirklich sinn, 70 und 80-jährigen den besuch ihrer verwandten und enkelkinder abzuraten, aus angst vor einer corona-ansteckung? welchen sinn können diese menschen denn ausfüllen, ausserhalb ihrer sozialen und familiären beziehungen? diese frage sollte sich jeder ernsthaft stellen und ich fürchte, die liste der antworten wird eher kurz ausfallen.

eine zeitlang kann man sich sicher mit lesen und filme schauen über wasser halten. aber die reale, körperliche, sinnliche begegnung mit dem anderen ist eben nicht ersetzbar. der mensch ist als soziales wesen auf dem austausch mit anderen angewiesen. daran ändert auch eine pandemie nichts.

aber bitte nicht falsch verstehen! ich will keineswegs das einhalten der schutzmassnahmen schlecht reden. im gegenteil, ich bin fest davon überzeugt, dass das konsequente einhalten der schutzmassnahmen die zahlen deutlich verbessern könnte. aber dies darf nicht auf kosten dessen gehen, was man als die kernsubstanz der lebensqualität bezeichnen kann: das eingebettetsein in einen sozialen zusammenhang.

ich zum beispiel gehe mal einfach gern in ein kaufhaus. bloss, um zu gucken, was für sachen es gibt und um leute zu beobachten. ich muss nicht mal was kaufen; einfach eine halbe stunde gucken und schon gehts mir besser! das ist zur zeit wegen des lockdowns nicht möglich. nicht mal irgendwo einen kaffee trinken oder was essen gehen. also alles, was an sozialleben für leute, die nicht in einer beziehung leben, möglich ist, ist aufgrund des lockdowns zur zeit nicht machbar. hat eigentlich mal irgendwer daran gedacht, wie die leute, die davon betroffen sind, damit umgehen sollen? man muss sich eigentlich wundern, dass nicht mehr leute anfangen, durchzudrehen. aber vermutlich gibt es im untergrund immer noch genug möglichkeiten, trotzdem seinen bedürfnissen zu frönen, ohne ständig das virus im hinterkopf zu haben. das würde dann vermutlich auch erklären, warum die zahlen so schleppend besser werden. menschen sind einfach nicht dafür geschaffen, ihr ganzes leben der angst vor einer virusinfektion unterzuordnen.

der mensch ist aus einem krummen holz gemacht und irrationalität kann man nicht verbieten. und selbst der tugendhafteste braucht (hin und wieder) ein ventil, um dem wahnsinn der welt (wieder) mit gestärktem lebensmut entgegentreten zu können.

moderne gesellschaften mögen postheroisch sein, aber wer mit corona klar kommt, der wird sowohl den stoizismus als auch die leidenschaft zu schätzen wissen. und vlt. entsteht daraus sogar eine neue form des heldentums des alltagslebens, in der anpassung und widerstand in einem weniger konfliktösen verhältnis stehen.

links, die das thema aus unterschiedlicher sichtweise diskutieren:

https://www.xn--untergrund-blttle-2qb.ch/gesellschaft/panorama/corona-pandemie-krise-gesundheitssystem-6264.html

https://diefreiheitsliebe.de/politik/zero-covid-macht-uns-nicht-handlungsfaehig/

Ein Kommentar zu “Corona und die (Sinn)krise

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